Würde man ein Kind fragen, wie Hunde miteinander kommunizieren, lautete die Antwort höchstwahrscheinlich: "Hunde bellen."
Nun ja, das stimmt zwar, das Bellen ist aber nur ein sehr kleiner Teil der Ausdrucksmöglichkeiten, die Hunde haben. Selbstverständlich kommen auch andere Lautäußerungen vor, wie jaulen, knurren oder heulen, wie man es auch vom Wolf kennt. Hauptsächlich kommunizieren Hunde aber über Körpersprache und Mimik. Jedes Schwanzwedeln, die Stellung der Ohren, die ganze Körperhaltung, wie sie zueinander stehen, sehen sie sich an oder schaut einer weg, und vieles mehr hat sowohl einzeln als auch in Kombination viele verschiedene Bedeutungen. Unsere Haushunde können über 30 verschieden Signale senden und verstehen nur durch ihre Körpersprache. Der Wolf, aber auch Wildhunde, wie z.B. der australische Dingo, sogar noch weit mehr, allerdings hat der Hund im Laufe der Domestikation, aber auch durch die damit einhergehende Rassezüchtung, einiges von seinen Fähigkeiten eingebüßt. Der Hund sollte ja unter anderem nicht mehr mit anderen Hunden, sondern mit dem Menschen auf die Jagd gehen.
Da Hunde sehr anpassungsfähig sind, haben sie gelernt, unsere Körpersprache zu "lesen", den Tonfall unserer Stimmen, wenn wir sprechen, sogar mit dem richtigen Training einzelne Worte zu verstehen. Der Hund lernt gewissermaßen eine Fremdsprache, wenn er mit uns kommunizieren will.
An dieser Stelle frage ich mich natürlich, warum der Hund das kann, aber die meisten Menschen nicht. Viele Hundetrainer wiederholen gerne den berühmten Satz: "Lerne, deinen Hund zu lesen." Klingt erstmal logisch. Wenn ich als Hundehalter die Körpersprache meines Hundes deuten kann, ist es viel leichter, entsprechend darauf zu reagieren, z.B. wenn sich ein anderer Hund nähert und mein Hund in Imponierhaltung geht (Kopf hochtragend, Ohren auf- und leicht nach vorne gerichtet, steifbeiniges Gangbild. Ich vergleiche das immer gerne mit einem Bodybuilder, der jemanden beeindrucken will.), dann weiß ich, wenn der andere keine Beschwichtigungssignale sendet, gibt es gleich Stress.
Aber warum soll man an dieser Stelle eigentlich aufhören? Wäre es für unsere Hunde nicht auch einfacher, wenn sie uns anhand unserer bewusst eingestezten Körpersprache besser verstehen könnten? In vielen Fällen habe ich den Eindruck gewonnen, wenn sich Hund und Mensch gegenüber stehen, treffen da zwei aufeinander, die versuchen sich auf Bayrisch und Chinesisch zu verständigen. Wir geben Verbalkommandos, haben aber auch in den letzten Jahrzehnten immerhin dazugelernt, zusätzlich mit Handzeichen zu arbeiten.
Das ist mir noch zu wenig. Im Zusammenleben mit Hunden, vor allem aber während meiner Zeit im Praktikum, habe ich viel über die Ausdrucksweise der Haushunde dazu gelernt. Ich habe die Hunde in der Hundeschule, sowohl in der Interaktion mit ihren Menschen als auch in der Gruppe im Freilauf mit den anderen Hunden beobachtet und dabei versucht, die Körpersprache so zu entschlüsseln, viel auch durch Versuch und Irrtum, dass diese für uns Menschen mit unseren beschränkten Möglichkeiten umsetzbar ist. Eine Rute zum Wedeln haben wir ja nicht, auch das Aufstellen der Ohren gestaltet sich schwierig.
Auch wir kommunizieren viel über Körpersprache, dies allerdings eher unterbewusst. Wir teilen unserem Gesprächspartner vieles allein durch unsere Körperhaltung mit, ob wir nun in einem Gespräch signalisieren, dass wir offen oder ablehnend dastehen, oder ob wir uns z.B. freuen, eine bestimmte Person zu sehen usw.
Es gibt viele Workshops von diversen Psychologen und Kommunikations-Coaches zu diesem Thema. Ich aber habe es mir zur Aufgabe gemacht, meine Klienten in der Hundesprache zu unterrichten, um die Kommunikation innerhalb eines Mensch-Hund-Teams zu verbessern und zu erleichtern, damit so ein echtes Team entstehen kann, das sich jederzeit gut versteht. Dies hat auch den Vorteil, dass der Hund seinem Menschen ganz neu vertrauen kann, gerade innerhalb einer Verhaltenstherapie, denn Verständnis für den jeweils anderen muss an beiden Enden der Leine vorhanden sein.
Ein Beispiel: Der Hund bellt am Zaun. Warum tut er das? Bestimmt nicht, weil er Spaß daran hat. Der Hund bellt am Zaun, weil er sein Revier verteidigen will, um mögliche Eindringlinge zu vertreiben, die sich dem Grundstück nähern. Die meisten Hundetrainer würden jetzt sagen, dass der Halter den Hund abrufen soll. Vielleicht hört er dann ja auf. Damit ist aber das eigentliche Problem nicht gelöst. Der Hund bellt nämlich am Zaun, und ist dann oft auch nicht abrufbar, aus einem einzigen Grund - er traut seinem Menschen nicht zu, das Revier zu verteidigen. Wir kümmern uns nicht um die mögliche Gefahr von außen, denn für uns ist der Zaun ja Sicherheit genug, was der Hund selbstverständlich nicht versteht, sondern versuchen lediglich, den Hund vom Bellen abzuhalten. Das nächste Mal, wenn er z.B. Nachbars Katze draußen sieht, oder spielende Kinder, wird er wieder bellend am Zaun stehen.
Was also wäre eine adäquate Lösung? Wenn der Hund das nächste Mal anschlägt, gehen wir zum Zaun, ohne den Hund anzusehen oder anzusprechen, schauen hinüber und gehen wortlos, wieder, ohne zum Hund zu sehen, in einem Bogen zwischen Hund und Zaun weg in Richtung Haus. Wenn man ein bis zwei Wochen so verfährt, hat der Hund verstanden, dass wir uns eben doch um unsere, und vor allem seine, Sicherheit kümmern. Nach ein paar Wochen muss man nicht einmal mehr bis zum Zaun gehen, es reicht, wenn wir aufmerksam sind, und sofort, wenn der Hund meldet "da ist was" (kurzes leises Wuffen), und das darf er, uns aufrecht hinstellen und in die Richtung sehen, in der er die "Gefahr" sieht. Dann sprechen wir die gleiche Sprache, so dass der Vierbeiner sich wieder entspannen kann.
Einfach mal ausprobieren.
Wie sage ich immer? Ein Hund ist auch nur ein Mensch, aber manchmal muss der Mensch lernen, Hund zu sein.